Discussion:
Bestandsschutz bei Teilsanierung
(zu alt für eine Antwort)
Werner Holtfreter
2017-12-20 23:58:28 UTC
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Hallo,

mein Wohnungsvermieter, eine große Baugesellschaft, erneuert
anlässlich der Badsanierung unter anderem einen Teil der
Elektroanlage der Wohnungen:

Neuer Wohnungsverteiler mit 3 40A-FI-Schutzschaltern, gefolgt von
jeweils 4 16A-Leitungsschutzschaltern. Zählersicherung ist 50A, die
FI-Schutzschalter können also überlastet werden. Recherche ergab,
dass das noch zulässig ist, wenn der "erwartete" Strom unter 40A
bleibt... Soweit so schlecht.

Sämtliche Stromkeise, die nicht neu verkabelt wurden, also alle
Steckdosen außerhalb von Bad und Küche laufen *nicht* über den
FI-Schutzschalter, obwohl das technisch möglich wäre, da überall
ein separater Schutzleiter liegt. Kann sich der Vermieter auf
Bestandsschutz herausreden?
--
Gruß Werner

www.presseportal.de/blaulicht/pm/110971/3762457
Axel Berger
2017-12-21 06:43:46 UTC
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alle
Steckdosen außerhalb von Bad und Küche laufen *nicht* über den
FI-Schutzschalter,
Drei(!) FI, üblich ist einer, zwölf Sicherungskreise, und dann läuft das
meiste daran noch außen vorbei? Was ist das für eine Wohnung?
--
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Dieter Wiedmann
2017-12-21 07:16:36 UTC
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Post by Axel Berger
alle
Steckdosen außerhalb von Bad und Küche laufen *nicht* über den
FI-Schutzschalter,
Drei(!) FI, üblich ist einer, zwölf Sicherungskreise, und dann läuft das
meiste daran noch außen vorbei? Was ist das für eine Wohnung?
Die Hausmeisterwohnung auf Schloss Sanssouci. ;-)


CNR, Dieter
Werner Holtfreter
2017-12-21 11:29:15 UTC
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Post by Axel Berger
alle Steckdosen außerhalb von Bad und Küche laufen *nicht*
über den FI-Schutzschalter,
Drei(!) FI, üblich ist einer,
Gab es da nicht die Regel: Mindestens 2, damit nicht alles
gleichzeitig dunkel ist?
Post by Axel Berger
zwölf Sicherungskreise, und dann läuft das meiste daran noch
außen vorbei? Was ist das für eine Wohnung?
Man hat einheitlich dreireihige vorgefertigte Verteiler für alle
Wohnungen eingebaut. Auf der ersten Hutschine sitzen nur Klemmen
zum Anschluss an die alten und neuen Kabel, darunter dann
3*(FI+4*LS), ein Stromstoßrelais, was hier gar nicht gebraucht
wird, sowie am FI vorbei der Herd-LS und 4 LS für den unveränderten
Anlagenteil.

Diese Elektrosanierung ist m.E. nicht nur schlecht projektiert
sondern auch völlig überflüssig. Ein oder zwei FI hätten in den
alten Verteiler noch hineingepasst. Früher lag alles ordentlich im
Beton, jetzt laufen die Kabel hinter einer vorgesetzen Wand und
teilweise in breiten Kabelkanälen, die aber immerhin mit Rauhfaser
tapeziert und gestrichen wurden, so dass sie der Laie als solche
kaum erkennt. Trotzdem Geldverschwendung.
--
Gruß Werner
http://youtu.be/ByzwOBeKD-c
www.presseportal.de/blaulicht/pm/110971/3762457
Lutz Illigen
2017-12-23 04:59:11 UTC
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Post by Werner Holtfreter
Gab es da nicht die Regel: Mindestens 2, damit nicht alles
gleichzeitig dunkel ist?
DIN 18015ff, kann aber nicht muss. Es gilt war im Auftrag steht.
Post by Werner Holtfreter
…teilweise in breiten Kabelkanälen, die aber immerhin mit Rauhfaser
tapeziert und gestrichen wurden, so dass sie der Laie als solche
kaum erkennt.
Da rollen sich mir die Fussnägel hoch. kanal gehöhrt nicht
bearbeitet.
--
Lutz
Werner Holtfreter
2017-12-24 16:02:27 UTC
Permalink
Post by Werner Holtfreter
teilweise in breiten Kabelkanälen, die aber immerhin mit
Rauhfaser tapeziert und gestrichen wurden, so dass sie der Laie
als solche kaum erkennt.
Da rollen sich mir die Fussnägel hoch. kanal gehört nicht
bearbeitet.
Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt: Die Leitungen wurden
auf Beton verlegt und dann verkleidet und diese Verkleidung dann
tapeziert und gestrichen.

Die entscheidende Frage ist aber noch unbeantwortet: Ist es
zulässig, die unverändert gelassenen Steckdosen am
FI-Schutzschalter vorbei im neuen Wohnungsverteiler anzuschließen?

(Dass das unzweckmäßig ist, bedarf keiner Diskussion, aber eine
große Wohnungsgesellschft kann man natürlich nur mit dem
Wort "verboten" beeindrucken.)
--
Frohe Weihnachten wünscht Werner
Heinz Tauer
2017-12-24 16:28:59 UTC
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Post by Werner Holtfreter
Die entscheidende Frage ist aber noch unbeantwortet: Ist es
zulässig, die unverändert gelassenen Steckdosen am
FI-Schutzschalter vorbei im neuen Wohnungsverteiler anzuschließen?
Entsprechend den VDE-Richtlinien müssen nur Steckdosen in Küchen und
Feuchträumen über FI geführt werden.
--
Gruß
Heinz
Willi Marquart
2017-12-24 16:47:22 UTC
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Post by Heinz Tauer
Entsprechend den VDE-Richtlinien müssen nur Steckdosen in Küchen und
Feuchträumen über FI geführt werden.
Du bist ein wenig hinter der Zeit. Seit 2009 müssen in Neubauten
außerdem alle Steckdosen-Stromkreise mit einem Bemessungsstrom bis 20
A, welche für die Benutzung durch Laien und zur allgemeinen Verwendung
bestimmt sind, mit einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung ausgestattet
sein.

Die dafür verbindlichen Normen sind die DIN VDE 0100-701:2008-10 (für
Räume mit Badewanne oder Dusche) und die DIN VDE 0100-410:2007
(Abschnitt 411.3.3 – für Steckdosenstromkreise). Die Übergangsfrist
für die vorhergegangene Ausgabe 1997-01 ist am 1. Februar 2009
abgelaufen.

Frohes Fest
Willi
Dieter Wiedmann
2017-12-24 16:50:28 UTC
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Post by Heinz Tauer
Post by Werner Holtfreter
Die entscheidende Frage ist aber noch unbeantwortet: Ist es
zulässig, die unverändert gelassenen Steckdosen am
FI-Schutzschalter vorbei im neuen Wohnungsverteiler anzuschließen?
Entsprechend den VDE-Richtlinien müssen nur Steckdosen in Küchen und
Feuchträumen über FI geführt werden.
Seit 2009 alle von Laien bedienbaren bis 32A!

Und vorher wars Bad (ist kein Feuchtraum!) und Aussenbereich;
Feuchträume auch, aber die hat man im Wohnbereich kaum mehr.


Gruß Dieter
Sebastian Suchanek
2017-12-24 16:51:11 UTC
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Post by Heinz Tauer
[...]
Entsprechend den VDE-Richtlinien müssen nur Steckdosen in
Küchen und Feuchträumen über FI geführt werden.
Das war Frueher[tm] mal so. Seit 2007 muss jede(!) Steckdose bis
20A Nennstrom mit einem 30-mA-RCD (ja, Fehlerstromschutzschalter
heißen offiziell auch nicht mehr "FI") versehen sein.

Ein paar Ausnahmen gibt es wohl, aber grob geschätzt 99,9% aller
Steckdosen in Privathaushalten gilt das oben geschriebene.

BTW: Die nächste "Aufrüststufe" in Form von AFDDs kommt auch so
langsam auf uns zu. Noch ist der nur in Sonderfällen
verpflichtend, aber ich traue mich wetten, dass das in ein paar
Jahren auch in Feld-, Wald- und Wiesen-Stromkreisen Pflicht
wird.


HTH,

Sebastian
Werner Holtfreter
2018-01-10 19:55:02 UTC
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Post by Werner Holtfreter
Die entscheidende Frage ist aber noch unbeantwortet: Ist es
zulässig, die unverändert gelassenen Steckdosen am
FI-Schutzschalter vorbei im neuen Wohnungsverteiler anzuschließen?
(Dass das unzweckmäßig ist, bedarf keiner Diskussion, aber eine
große Wohnungsgesellschft kann man natürlich nur mit dem
Wort "verboten" beeindrucken.)
Ich habe heute mit dem Elektrofachmann der Gesellschaft telefoniert:

Die unveränderten Stromkreise wurden am FI vorbei am neuen Verteiler
angeschlossen, weil teilweise 2-Leiter-Nullung existiert.

Da hier jedoch durchgängig mit 3-Leitern installiert ist, was im
gesamten Wohngebiet der Fall sein dürfte, das in einem Zug gebaut
wurde, habe ich nachgefragt, ob er damit der Pflicht zur Sanierung
der ganzen Wohnung aus dem Weg gehen will: Ja, das sei auch ein
Grund. Anscheinend der Entscheidende! Also wurde aus rechtlichen
Gründen auf die Erhöhung der Sicherheit verzichtet. Es klingt
unglaublich, aber im Verteiler liegt ein FI-Schutzschalter mit 5
nachgeschalteten LS 16 A als "Reserve" brach!

Nun meine Frage: Selbst wenn man Stromkeise in klassischer Nullung
(2 Leiter) erhalten will und darf, verbessert sich m.E. die
Sicherheit, wenn man einen FI-Schutzschalter vorschaltet. Dieser
FI-Schutzschalter löst zwar nicht aus, wenn ein fehlerhafter
Stromverbraucher einen Isolationsfehler hat. In diesem Fall muss
der LS abschalten wie bisher. Doch sobald der PEN der Installation
unterbrochen ist (das gefürchtete Szenario bei der klassischen
Nullung) und ein Fehlerstrom vom Gerätekörper z.B. über eine Person
zur Erde fließt, schaltet der FI ab. Auch bei direkter Berührung
von L und Erde wird ausgelöst.

Irgendwelche Einwände technischer Art?

OK, einer fällt mir ein, ich lasse den Text trotzdem stehen in der
Hoffnung, er interessiert: Berühren sich die leitfähigen Körper
dieser halben FI-Schutzschaltung untereinander oder mit der Erde,
kommt es zur Fehlauslösung.

Rechtlich zulässig? Immerhin wird die Sicherheit erhöht.


Noch ein unkonventioneller Gedanke: Schutzleiter haben sich
etabliert, bevor FI-Schutzschalter aufkamen und erhöhen den
Kupferaufwand in Wechselstromkreisen um 50% gegenüber zwei Leitern.

Wenn durchgängig FI-Schutzschalter vorhanden sind, sollte sich der
Schutzleiter generell erübrigen, weil der Schutz bei /einem/ Fehler
gewährleistet ist: Wenn die Basisisolierung versagt, schützt der
FI-Schutzschalter und umgekehrt.
--
Gruß Werner
http://youtu.be/ByzwOBeKD-c
www.presseportal.de/blaulicht/pm/110971/3762457
Noch 1984 mussten Flüchtlinge ihre Toiletten selbst reinigen!
Axel Berger
2018-01-10 20:12:49 UTC
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Irgendwelche Einwände technischer Art?
Ja. Nichts und niemand hindert Dich, ein metallisches geerdetes Gehäuse
mit einem Heizkörper zu verbinden, z.B. einfach durch Draufstellen.
OK, einer fällt mir ein,
Eben.
--
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 X in | D-50829 Köln-Ossendorf http://berger-odenthal.de
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Dieter Wiedmann
2018-01-10 20:15:28 UTC
Permalink
Post by Werner Holtfreter
OK, einer fällt mir ein, ich lasse den Text trotzdem stehen in der
Hoffnung, er interessiert: Berühren sich die leitfähigen Körper
dieser halben FI-Schutzschaltung untereinander oder mit der Erde,
kommt es zur Fehlauslösung.
Richtig erkannt.
Post by Werner Holtfreter
Rechtlich zulässig?
Das wird dir der Richter in der Strafsache wegen Körperverletzung erklären.
Rolf Bombach
2018-01-10 20:29:56 UTC
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Post by Werner Holtfreter
Wenn durchgängig FI-Schutzschalter vorhanden sind, sollte sich der
Schutzleiter generell erübrigen, weil der Schutz bei /einem/ Fehler
gewährleistet ist: Wenn die Basisisolierung versagt, schützt der
FI-Schutzschalter und umgekehrt.
Wie der längliche Fred Raclette-Grill zeigte, löst der FI auch schon
bei schleichendem Isolationsverlust aus. Dazu muss aber das Gehäuse
geerdet sein.
Der FI/RCD ist nur _eine_ Schutzmassnahme, und auch eine, die nicht
immer greift.
--
mfg Rolf Bombach
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